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Samstag, 1. September 2012

Torhüterparabel Vor dem Gesetz

  Was ist ein Parabel?

Ähnlich wie ein Gleichnis ist die Parabel eine symbolhafte Erzählung. Diese Form der Erzählung ist kurz und meist lehrreich ( ähnlich wie bei der Fabel die Moral von der Geschichte) 

Die Inhalte der Erzählung, also die Handlung der Parabeln sind die vordergründige Botschaft der Parabel. Hinter dieser liegt die eigentliche Bedeutung der Erzählung verborgen. Sie steht symbolhaft für den eigentlichen Inhalt der Parabel.

 In der Parabel ist die Botschaft inhaltlich verschlüsselt, nur indirekt dargestellt und kann nur durch Interpretation zu Tage gefördert werden.

lehrhafte, kurze erzählung, wirft fragen über moral und ethische grundsätze auf, welche durch übertragung in einen anderen vorstellungsbereich begreifbar werden.das im vordergrund stehende geschehen hat eine symbolische bedeutung für den leser: herleiten des gemeinten allgemeinen. enthält meist 2 lehreh: 1. eine im engeren sinne; 2.des weiteren sinns ( explizit / implizit) . Die parabeläste stehen für bild- und sachebene, die parallel verlaufen. Der scheitelpunkt dient als abstraktes Bindeglied zwischen erzähltem und gemeintem.veranschauliches erzählen, bildhafte darstellungen sollen den leser auf einen passenden sachverhalt anregen

 

 

Interpretationsansätze 

   Der Prosatext " Vor dem Gesetz" von Franz Kafka aus dem Jahr 1915. Es
stammt aus dem Kapitel "dom"
Zusammenfassung hier aus dem Romanfragment " der Prozess" . Es ist der einzige Text aus "der Prozess", den Kafka selbst veröffentlicht hat( 1915  in einer jüdischen Wochenzeitung und später noch einmal im Rahmen des Erzählsammelbandes "ein Landarzt" (1919) als Kafka die Arbeit am unvollendeten Roman schon aufgegeben hatte.

 Bei der Erzählung Vor dem Gesetz handelt es sich um eine Parabel, da das Stück eine Lektion erteilen will. Franz Kafka verwendet bildhafte Methaphern, zum Beispiel wenn er das Gesetz beschreibt, da dieses sich in der Parabel als Gebäude manifestiert. Im wirklichen Leben wäre das Gesetz ja nicht zu betreten.  Der Leser erfährt etwas über die Gedanken und Gefühle des Mannes vom Lande, die Innenansicht des Torhüters bleibt dem Leser verborgen, darum handelt es sich um den personalen Erzähler.

  Er vergißt die andern Türhüter,...Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet,...

 Die Sprache der Parabel ist einfach und klar, der Autor verwendet eine allgemein verständliche Sprache  und wenige Stilmittel. Viele der verwendeten Wörter sind sehr basal, stammen sogar aus dem Grundwortschatz.Kafka verwendet kaum Adjektive, was die Klarheit und Einfachheit der Sprache ausmacht.
Die Namen der Männer bleiben dem Leser verborgen, sodass man meist Der Mann oder der Torhüter liest ( Wiederholung ). In der Parabel wird wörtliche Rede verwendet. indirekte rede wird nur für den mann vom lande benutzt und die direkte Rede nur beim Türhüter. Die erzählte Zeit ist länger als die Erzählzeit, da ein Menschenleben in fünf Minuten Lesezeit behandelt wird. Es handelt sich um eine zeitliche Raffung.
Der Torhüter wird weitaus öfters genannt, als der Mann, dieser wird nur zwei Mal mit seinem vollen Titel Mann vom Lande benannt. siehe Heinz Politzer
Über den Ort erfährt der Leser sehr wenig, der Raum um das Tor bleibt unbeschrieben, ebenso wie die Lebenslage des Mannes bevor er vor dem Tor steht. Nur seine Herkunft wird bekannt

Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz.
Der Torhüter ist für den Leser gut vorstellbar, da sein Aussehen genau beschrieben wird:
aber als er jetzt den Türhüter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine große Spitznase, den langen, dünnen, schwarzen tatarischen Bart,
Der Torhüter ist furchteinflößend und mächtig, gierig und unnachgiebig, außerdem ist er ungeduldig
Merke aber: Ich bin mächtig.
Der Türhüter stellt öfters kleine Verhöre mit ihm an, fragt ihn über seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie große Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, daß er ihn noch nicht einlassen könne.
Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: »Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben.«
»Was willst du denn jetzt noch wissen?« fragt der Türhüter, »du bist unersättlich. «
Aber der Torhüter ist nicht nur in seiner Rolle als Gesetzdiener, er zeigt auch freundliche, menschliche  Gesten:
 Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt,..........Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen.

Der Torhüter widerspricht sich selbst, wenn er sagt, dass der Eintritt noch nicht möglich ist im Moment und ihm dennoch den Eintritt frei gibt

  »Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn...........»Es ist möglich«, sagt der Türhüter, »jetzt aber nicht.«
Den Mann vom Lande kann man mit folgenden Attributen charakterisieren:  krumme Haltung, keine Spannung, unterwürfig, demütig, ratlos, passiv , verzweifelt, initiativlos, unsicher, willensschwach.
 Dort sitzt er Tage und Jahre.
Er ist von dem mächtigen Torhüter eingeschüchtert und wartet bis der Torhüter ihn einließe. Dennoch geht er öfters auf ihn zu und versucht den Torhüter zu bestechen.
 Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen.
Er wartet ab, akzeptiert und vergisst, erst als es fast zu spät ist, als er fast zu schwach ist um noch zu handeln stellt er die wichtigen Fragen:
Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Türhüter noch nicht gestellt hat.
Kafka möchte den Menschen mit der Parabel mit auf den Weg geben, dass man nicht gleich bei dem ersten Hinderniss, das sich in den Weg stellt aufgeben soll. Denn wenn man sich immer gleich vom ersten Hindernis abschrecken lässt, dann wird  man nie feststellen, ob der Weg danach schwerer oder leichter wird als der Weg über das Hindernis. So hat der Mann ja nie nachgesehen, ob die weiteren Wächter wirklich furchtbarer waren, als der Erste. Er hat dagesessen und abgewartet und sich seiner Angst ergeben. Denn der Torhüter muss nicht immer nur für die Menschen um uns herum stehen, für ein äußeres Hemmnis, es kann auch für die innere Stimme stehen, die uns davon abhält das zu tun was wir gerne machen möchten, aus Furcht vor dem was kommt.

Mit der Parabel zeigt der Autor uns die Gefahren auf, die drohen, wenn wir unser Leben nicht in die Hand nehmen, sondern passiv abwarten. Er zeigt uns, dass wir vom Leben nicht erwartet können, dass uns Lösungen präsentiert werden, sondern dass wir aktiv in die Offensive gehen sollten und uns nehmen sollen was wir wollen.

Das Gesetz kann man als Verwirklichung eines höheren Ziel sehen. Zum Einen hat es etwas so universelles, dass es als göttliches Prinzip gesehen werden kann, zum Anderen kann es für Selbstverwirklichung stehen.

Das Gleichnis zeigt, dass wir Chancen ergreifen sollten "Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt: »Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn." und nicht zögernd, starr vor Angst abwarten sollten.

Bei der Lektüre fragten wir uns, was wohl passiert wäre, wenn der Mann nicht abgewartet hätte, sondern die Initiative ergriffen hätte. Er wäre dann wohl seinem Ziel, dem Gesetz, näher gekommen als auf diesem Weg.


Vor dem Gesetz

  • Vor dem Gesetz steht ein Türhüter.  Das Gesetzt wird geschützt durch den Torhüter
  •   Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz.  Mann vom Lande= einfacher Mann, er bittet um Eintritt = er muss bitten, man kommt da nicht so einfach hinein
  • Aber der Türhüter sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Es gibt eine höhere Instanz als den Torhüter, dieser KANN nicht
  • Der Mann überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. Mann übt sich in Geduld
  • »Es ist möglich«, sagt der Türhüter, »jetzt aber nicht.« Keine klare Zeitangabe, keine Angabe von Gründen warum es nicht möglich ist zur Zeit.
  • Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. Mann ist neugierig, das Tor steht offen, aber der Durchgang ist nicht frei
  • Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt: »Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Torhüter verführt den Mann vom Land etwas verbotenes zu tun, Wächter zeigt Emotionen ( lacht), nimmt den Mann nicht ernst und die Verbote ebenfalls nicht
  • Merke aber: Ich bin mächtig. Drohung, Einschüchterung
  • Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Klare Ordnung, klare Hierachie
  • Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen.« Unvorstellbares Grauen, Stilistisches Element
  • Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er, Weltbild gerät ins Wanken Demokratie existiert nicht
  • aber als er jetzt den Türhüter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine große Spitznase, den langen, dünnen, schwarzen tatarischen Bart, entschließt er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Bedrohliches Aussehen, genaue Beschreibung des Torhüters
  • Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Mit fühlende Geste
  • Dort sitzt er Tage und Jahre. Vergebliches Warten
  • Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermüdet den Türhüter durch seine Bitten. Vergebliche Bitten, er müsste nicht bitten, sondern könnte einfach am Torhüter vorbei gehen und dann den nächsten Torhüter mit Bitten beknieen, dann wäre er schon einen Schritt weiter
  • Der Türhüter stellt öfters kleine Verhöre mit ihm an, fragt ihn über seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie große Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, daß er ihn noch nicht einlassen könne. Die Ordnung und Rangfolge wird sichtbar, Machtgefälle, große Herren => Mann vom Lande
  • Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen. Gesetzeshüter ist unbestechlich
  • Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: »Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben.« Ist zwar gierig aber ist dennoch nicht bereit seinen Teil des Geschäft abzugeben, muss er auch nicht, da er ja mächtig ist
  •  Während der vielen Jahre beobachtet der Mann den Türhüter fast ununterbrochen. Er beobachtet ihn und doch wird kaum etwas über ihn erzählt
  • Er vergißt die andern Türhüter, und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis für den Eintritt in das Gesetz. Geisteszustand verschlechtert sich
  • Er verflucht den unglücklichen Zufall, in den ersten Jahren rücksichtslos und laut, später, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Zustand verschlechtert sich, Abfinden
  •  Er wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des Türhüters auch die Flöhe in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Flöhe, ihm zu helfen und den Türhüter umzustimmen. Verlust der geistigen Urteilsfähigkeit
  • Schließlich wird sein Augenlicht schwach, und er weiß nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen täuschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverlöschlich aus der Türe des Gesetzes bricht. Verliert sein Ziel "aus den Augen"
  • Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Türhüter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden Körper nicht mehr aufrichten kann. Lebenszeit damit verbracht zum Gesetz zu kommen und erfolglos geblieben
  • Der Türhüter muß sich tief zu ihm hinunterneigen, denn der Größenunterschied hat sich sehr zuungunsten des Mannes verändert. Gebeugt vom Alter und vom langen Warten
  • »Was willst du denn jetzt noch wissen?« fragt der Türhüter, »du bist unersättlich. « »Alle streben doch nach dem Gesetz«, sagt der Mann, »wieso kommt es, daß in den vielen Jahren niemand außer mir Einlaß verlangt hat?« Erst am Ende seines Lebens stellt er Fragen
  • Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: »Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn.«  Tod des Mannes ?!?

Text

Die Parabel im Werk Der  Proceß
Es ist der unterste aller Wächter ===> Josef K. spricht auch immer nur mit den niederen Untersuchungsrichtern und Angestellten 
Größe des Gerichts =====> Abgeschirmtheit vom Gesetz 

 Innerhalb des Romans befindet sich eine Parabel, ein Lehrstück, das in Form einer Geschichte daher kommt. Die Torhüterlegende bezeichnet die Geschichte von einem Mann vom Lande, der zum Gesetz will und vom Torhüter aufgehalten wird. Diese lehrreiche Erzählung hat in mehrfacher Hinsicht eine Sonderrolle. Die Lektion des Textes verbirgt sich, wie bei Parabeln üblich, hinter der eigentlichen Geschichte. Sie ist eine Sonderform der Erzählung und im gesamten Roman, sowie der einizige Teil des gesamten Werkes, das Kafka selbst herausgebracht hat.
Die abschließende Deutung des Gefängniskaplan erhellt weniger den Inhalt als das sie verwirrt. Nicht nur durch die Einordnung in das Kapitel im Dom lässt die Parabel einen religiösen Deutungsansatz zu, sondern auch die Beschäftigung Kafkas mit dem jüdischen Legenden legen diesen Schluss nahe.

Die Deutungen des Geistlichen sind weniger in Form des restlichen Forms verfasst, als mehr in Form eines Kommentars. Während die Parabel tiefe Weisheiten in einfachsten Worten vermittelt wird jene Einfachheit durch den Gefängniskaplan wieder negiert. Er setzt der Einfachheit der Parabel seine komplexte Ausdeutung entgegen. Nach der Parabel endet das Innere des Josef K. danach endet auch der Widerstand gegen die Vereinnahmung des Gerichts und der Kampf mit dem Gericht ist beendet.weitere Interpretation

 
In der Parbel, (publiziert 1915 und 1919) wird deutlich, dass dem Gericht sehr klar ist, dass die Geschichte des Josef K. Bald ein Ende haben wird. Es weiß vom kommenden Niedergang und offenbart sich in diesem letzen Akt noch einmal selbst, es will eine letzte Erkenntnis vermitteln. Im biblischen Ton verweist die Legende auf eine längst vergangene Zeit.
Die Torhüter Legende verweist den Fragenden und Suchenden Josef K. Auf sich selbst. Es istder Weg von K zu sich selbst sinnbildlich dargestellt. Permanent kreist er um das Problem zum eigentlichen Kern dringt er n icht vor.
K. möchte während der ganzen Zeit einfach nur sein altes, sein oberflächliches Leben zurück, der Weg vom Mann vom Lande zu sich selbst ist dem ähnlich. Er nähert sich dem Gesetzt – dem Prozess nicht, sondern er er lässt es zu, dass er von überwindbaren Hindernissen abgehalten wird.
So lässt sich Josef K. Ebenfalls abhalten, er sieht sich beispielsweise am Verfassen seiner Eingabe gehindert, weil sein Konkurrent den dafür vorgesehenen Schreibblock verwendet. Der Mann vom Lande lässt sich durch die Torhüter daran hindern.

Mann vom Lande
Josef K.
Will zum Gesetz
Will die höheren Beamten finden, sehen und sprechen
Lässt sich vom ersten Torhüter abschrecken
Lässt sich an der Eingabe hindern, weil der Block anders verwendet wurde
Verfolgt nicht sein Ziel
Verliert nach und nach den Bezug zur Normalität
Verliert langsam den klaren Blick
Hat ebenfalls keinen Durchblick
Wird verrückt
Verliert den Verstand
Von Ängsten getrieben
Ängstlich, fühlt sich verfolgt
Soll nicht am Eintreten gehindert werden durch den ersten Torhüter
Soll nicht am normalen Berufsablauf gehindert werden
Mann hätte hindurch gehen sollen
Er hätte sich dem Prozess stellen sollen
Wird vom Torhüter auf sich selbst verwiesen
Wird vom Geistlichen auf sich selbst verwiesen

Der Torhüter schürt Ängste und ermutigt ihn zugleich zu versuchen durch das Tor hindurch zu gehen. Er sollte es versuchen, jedoch stünden hinter ihm noch weitere, viel schrecklichere Torhüter.
Ähnlich verhält es sich auch mit Josef K. , der ja nicht an der Ausübung seines Berufes gehindert werden soll durch den Prozess und doch durch Angst und Einschüchterung handlungsunfähig gemacht wird. Zum Beispiel ist das Kapitel der Prügler exemplarisch. Hier kann er zwar seinen normalen Berufsalltag fortsetzen, jedoch dringt das Gericht in den letzten Autonomiebereich ein.
Der Text zu sich selbst - Josef K. und der Kaplan über die Torhüterparabel

»Der Türhüter hat also den Mann getäuscht«, sagte K. sofort, von der Geschichte sehr stark angezogen. »Sei nicht übereilt«, sagte der Geistliche, »übernimm nicht die fremde Meinung ungeprüft. Ich habe dir die Geschichte im Wortlaut der Schrift erzählt. Von Täuschung steht darin nichts.« »Es ist aber klar«, sagte K., »und deine erste Deutung war ganz richtig. Der Türhüter hat die erlösende Mitteilung erst dann gemacht, als sie dem Manne nicht mehr helfen konnte.« »Er wurde nicht früher gefragt«, sagte der Geistliche, »bedenke auch, daß er nur Türhüter war, und als solcher hat er seine Pflicht erfüllt.« »Warum glaubst du, daß er seine Pflicht erfüllt hat?« fragte K., »er hat sie nicht erfüllt. Seine Pflicht war es vielleicht, alle Fremden abzuwehren, diesen Mann aber, für den der Eingang bestimmt war, hätte er einlassen müssen.« »Du hast nicht genug Achtung vor der Schrift und veränderst die Geschichte«, sagte der Geistliche. »Die Geschichte enthält über den Einlaß ins Gesetz zwei wichtige Erklärungen des Türhüters, eine am Anfang, eine am Ende. Die eine Stelle lautet: daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne, und die andere: dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Bestände zwischen diesen beiden Erklärungen ein Widerspruch, dann hättest du recht, und der Türhüter hätte den Mann getäuscht. Nun besteht aber kein Widerspruch. Im Gegenteil, die erste Erklärung deutet sogar auf die zweite hin. Man könnte fast sagen, der Türhüter ging über seine Pflicht hinaus, indem er dem Mann eine zukünftige Möglichkeit des Einlasses in Aussicht stellte. Zu jener Zeit scheint es nur seine Pflicht gewesen zu sein, den Mann abzuweisen, und tatsächlich wundern sich viele Erklärer der Schrift darüber, daß der Türhüter jene Andeutung überhaupt gemacht hat, denn er scheint die Genauigkeit zu lieben und wacht streng über sein Amt. Durch viele Jahre verläßt er seinen Posten nicht und schließt das Tor erst ganz zuletzt, er ist sich der Wichtigkeit seines Dienstes sehr bewußt, denn er sagt: ›Ich bin mächtig‹, er hat Ehrfurcht vor den Vorgesetzten, denn er sagt: ›Ich bin nur der unterste Türhüter‹, er ist nicht geschwätzig, denn während der vielen Jahre stellt er nur, wie es heißt, ›teilnahmslose Fragen‹, er ist nicht bestechlich, denn er sagt über ein Geschenk: ›Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben‹, er ist, wo es um Pflichterfüllung geht, weder zu rühren noch zu erbittern, denn es heißt von dem Mann, ›er ermüdet den Türhüter durch sein Bitten‹, schließlich deutet auch sein Äußeres auf einen pedantischen Charakter hin, die große Spitznase und der lange, dünne, schwarze, tartarische Bart. Kann es einen pflichttreueren Türhüter geben? Nun mischen sich aber in den Türhüter noch andere Wesenszüge ein, die für den, der Einlaß verlangt, sehr günstig sind und welche es immerhin begreiflich machen, daß er in jener Andeutung einer zukünftigen Möglichkeit über seine Pflicht etwas hinausgehen konnte. Es ist nämlich nicht zu leugnen, daß er ein wenig einfältig und im Zusammenhang damit ein wenig eingebildet ist. Wenn auch seine Äußerungen über seine Macht und über die Macht der anderen Türhüter und über deren sogar für ihn unerträglichen Anblick – ich sage, wenn auch alle diese Äußerungen an sich richtig sein mögen, so zeigt doch die Art, wie er diese Äußerungen vorbringt, daß seine Auffassung durch Einfalt und Überhebung getrübt ist. Die Erklärer sagen hiezu: ›Richtiges Auffassen einer Sache und Mißverstehen der gleichen Sache schließen einander nicht vollständig aus.‹ Jedenfalls aber muß man annehmen, daß jene Einfalt und Überhebung, so geringfügig sie sich vielleicht auch äußern, doch die Bewachung des Eingangs schwächen, es sind Lücken im Charakter des Türhüters. Hiezu kommt noch, daß der Türhüter seiner Naturanlage nach freundlich zu sein scheint, er ist durchaus nicht immer Amtsperson. Gleich in den ersten Augenblicken macht er den Spaß, daß er den Mann trotz dem ausdrücklich aufrechterhaltenen Verbot zum Eintritt einlädt, dann schickt er ihn nicht etwa fort, sondern gibt ihm, wie es heißt, einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Die Geduld, mit der er durch alle die Jahre die Bitten des Mannes erträgt, die kleinen Verhöre, die Annahme der Geschenke, die Vornehmheit, mit der er es zuläßt, daß der Mann neben ihm laut den unglücklichen Zufall verflucht, der den Türhüter hier aufgestellt hat – alles dieses läßt auf Regungen des Mitleids schließen. Nicht jeder Türhüter hätte so gehandelt. Und schließlich beugt er sich noch auf einen Wink hin tief zu dem Mann hinab, um ihm Gelegenheit zur letzten Frage zu geben. Nur eine schwache Ungeduld – der Türhüter weiß ja, daß alles zu Ende ist – spricht sich in den Worten aus: ›Du bist unersättlich.‹ Manche gehen sogar in dieser Art der Erklärung noch weiter und meinen, die Worte ›Du bist unersättlich‹ drücken eine Art freundschaftlicher Bewunderung aus, die allerdings von Herablassung nicht frei ist. Jedenfalls schließt sich so die Gestalt des Türhüters anders ab, als du es glaubst.« »Du kennst die Geschichte genauer als ich und längere Zeit«, sagte K. Sie schwiegen ein Weilchen. Dann sagte K.: »Du glaubst also, der Mann wurde nicht getäuscht?« »Mißverstehe mich nicht«, sagte der Geistliche, »ich zeige dir nur die Meinungen, die darüber bestehen. Du mußt nicht zuviel auf Meinungen achten. Die Schrift ist unveränderlich und die Meinungen sind oft nur ein Ausdruck der Verzweiflung darüber. In diesem Falle gibt es sogar eine Meinung, nach welcher gerade der Türhüter der Getäuschte ist.« »Das ist eine weitgehende Meinung«, sagte K. »Wie wird sie begründet?« »Die Begründung«, antwortete der Geistliche, »geht von der Einfalt des Türhüters aus. Man sagt, daß er das Innere des Gesetzes nicht kennt, sondern nur den Weg, den er vor dem Eingang immer wieder abgehen muß. Die Vorstellungen, die er von dem Innern hat, werden für kindlich gehalten, und man nimmt an, daß er das, wovor er dem Manne Furcht machen will, selbst fürchtet. Ja, er fürchtet es mehr als der Mann, denn dieser will ja nichts anderes als eintreten, selbst als er von den schrecklichen Türhütern des Innern gehört hat, der Türhüter dagegen will nicht eintreten, wenigstens erfährt man nichts darüber. Andere sagen zwar, daß er bereits im Innern gewesen sein muß, denn er ist doch einmal in den Dienst des Gesetzes aufgenommen worden, und das könne nur im Innern geschehen sein. Darauf ist zu antworten, daß er wohl auch durch einen Ruf aus dem Innern zum Türhüter bestellt worden sein könnte und daß er zumindest tief im Innern nicht gewesen sein dürfte, da er doch schon den Anblick des dritten Türhüters nicht mehr ertragen kann. Außerdem aber wird auch nicht berichtet daß er während der vielen Jahre außer der Bemerkung über die Türhüter irgend etwas von dem Innern erzählt hätte. Es könnte ihm verboten sein, aber auch vom Verbot hat er nichts erzählt. Aus alledem schließt man, daß er über das Aussehen und die Bedeutung des Innern nichts weiß und sich darüber in Täuschung befindet. Aber auch über den Mann vom Lande soll er sich in Täuschung befinden, denn er ist diesem Mann untergeordnet und weiß es nicht. Daß er den Mann als einen Untergeordneten behandelt, erkennt man aus vielem, das dir noch erinnerlich sein dürfte. Daß er ihm aber tatsächlich untergeordnet ist, soll nach dieser Meinung ebenso deutlich hervorgehen. Vor allem ist der Freie dem Gebundenen übergeordnet. Nun ist der Mann tatsächlich frei, er kann hingehen, wohin er will, nur der Eingang in das Gesetz ist ihm verboten, und überdies nur von einem einzelnen, vom Türhüter. Wenn er sich auf den Schemel seitwärts vom Tor niedersetzt und dort sein Leben lang bleibt, so geschieht dies freiwillig, die Geschichte erzählt von keinem Zwang. Der Türhüter dagegen ist durch sein Amt an seinen Posten gebunden, er darf sich nicht auswärts entfernen, allem Anschein nach aber auch nicht in das Innere gehen, selbst wenn er es wollte. Außerdem ist er zwar im Dienst des Gesetzes, dient aber nur für diesen Eingang, also auch nur für diesen Mann, für den dieser Eingang allein bestimmt ist. Auch aus diesem Grunde ist er ihm untergeordnet. Es ist anzunehmen, daß er durch viele Jahre, durch ein ganzes Mannesalter gewissermaßen nur leeren Dienst geleistet hat, denn es wird gesagt, daß ein Mann kommt, also jemand im Mannesalter, daß also der Türhüter lange warten mußte, ehe sich sein Zweck erfüllte, und zwar so lange warten mußte, als es dem Mann beliebte, der doch freiwillig kam. Aber auch das Ende des Dienstes wird durch das Lebensende des Mannes bestimmt, bis zum Ende also bleibt er ihm untergeordnet. Und immer wieder wird betont, daß von alledem der Türhüter nichts zu wissen scheint. Daran wird aber nichts Auffälliges gesehen, denn nach dieser Meinung befindet sich der Türhüter noch in einer viel schwereren Täuschung, sie betrifft seinen Dienst. Zuletzt spricht er nämlich vom Eingang und sagt: ›Ich gehe jetzt und schließe ihn‹, aber am Anfang heißt es, daß das Tor zum Gesetz offensteht wie immer, steht es aber immer offen, immer, das heißt unabhängig von der Lebensdauer des Mannes, für den es bestimmt ist, dann wird es auch der Türhüter nicht schließen können. Darüber gehen die Meinungen auseinander, ob der Türhüter mit der Ankündigung, daß er das Tor schließen wird, nur eine Antwort geben oder seine Dienstpflicht betonen oder den Mann noch im letzten Augenblick in Reue und Trauer setzen will. Darin aber sind viele einig, daß er das Tor nicht wird schließen können. Sie glauben sogar, daß er, wenigstens am Ende, auch in seinem Wissen dem Manne untergeordnet ist, denn dieser sieht den Glanz, der aus dem Eingang des Gesetzes bricht, während der Türhüter als solcher wohl mit dem Rücken zum Eingang steht und auch durch keine Äußerung zeigt, daß er eine Veränderung bemerkt hätte.« »Das ist gut begründet«, sagte K., der einzelne Stellen aus der Erklärung des Geistlichen halblaut für sich wiederholt hatte. »Es ist gut begründet, und ich glaube nun auch, daß der Türhüter getäuscht ist. Dadurch bin ich aber von meiner früheren Meinung nicht abgekommen, denn beide decken sich teilweise. Es ist unentscheidend, ob der Türhüter klar sieht oder getäuscht wird. Ich sagte, der Mann wird getäuscht. Wenn der Türhüter klar sieht, könnte man daran zweifeln, wenn der Türhüter aber getäuscht ist, dann muß sich seine Täuschung notwendig auf den Mann übertragen. Der Türhüter ist dann zwar kein Betrüger, aber so einfältig, daß er sofort aus dem Dienst gejagt werden müßte. Du mußt doch bedenken, daß die Täuschung, in der sich der Türhüter befindet, ihm nichts schadet, dem Mann aber tausendfach.« »Hier stößt du auf eine Gegenmeinung«, sagte der Geistliche. »Manche sagen nämlich, daß die Geschichte niemandem ein Recht gibt, über den Türhüter zu urteilen. Wie er uns auch erscheinen mag, ist er doch ein Diener des Gesetzes, also zum Gesetz gehörig, also dem menschlichen Urteil entrückt. Man darf dann auch nicht glauben, daß der Türhüter dem Manne untergeordnet ist. Durch seinen Dienst auch nur an den Eingang des Gesetzes gebunden zu sein, ist unvergleichlich mehr, als frei in der Welt zu leben. Der Mann kommt erst zum Gesetz, der Türhüter ist schon dort. Er ist vom Gesetz zum Dienst bestellt, an seiner Würdigkeit zu zweifeln, hieße am Gesetz zweifeln.« »Mit dieser Meinung stimme ich nicht überein«, sagte K. kopfschüttelnd, »denn wenn man sich ihr anschließt, muß man alles, was der Türhüter sagt, für wahr halten. Daß das aber nicht möglich ist, hast du ja selbst ausführlich begründet.« »Nein«, sagte der Geistliche, »man muß nicht alles für wahr halten, man muß es nur für notwendig halten.« »Trübselige Meinung«, sagte K. »Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht.«
K. sagte das abschließend, aber sein Endurteil war es nicht. Er war zu müde, um alle Folgerungen der Geschichte übersehen zu können, es waren auch ungewohnte Gedankengänge, in die sie ihn führte, unwirkliche Dinge, besser geeignet zur Besprechung für die Gesellschaft der Gerichtsbeamten als für ihn. Die einfache Geschichte war unförmlich geworden, er wollte sie von sich abschütteln, und der Geistliche, der jetzt ein großes Zartgefühl bewies, duldete es und nahm K.s Bemerkung schweigend auf, obwohl sie mit seiner eigenen Meinung gewiß nicht übereinstimmte.
 http://kafkaderprozess.blogspot.com/2012/09/im-dom.html

Psychologische Komponenten der Torhüterparabel


Kafka geriet beim Schreiben von der Proceß in eine Schaffenskriese und war persönlich in schlechter Verfassung. Privat war er unglücklich, er hatte die Auflösung seiner sechswöchigen Verlobung mit Felice Bauer noch nicht verwunden. In dieser tiefen persönlichen, beruflichen und psychologischen Krise schuf der Vor dem Gesetz und verarbeitet darin seinen Schmerz.
Auffallend ist, dass dieses Fragment aus dem Kapitel der Dom von ihm ja auch öffentlich gemacht wurde, während er den Rest des Buches geheim halten wollte. Er unterstrich diese Eigenständigkeit auch durch die Veröffentlichung in der Landarzt und einer jüdischen Zeitung.
Anders als im Rest des Romans findet sich hier eine Klarheit. Diese Klarheit ist im typisch kafkaeskem Stil zunächst nicht klar erkennbar, doch hebt sich auch psychologisch die Torhüterparabel deutlich vom Rest des Werkes ab.
Während im Rest des Buches Josef K. umherirrt, Verwirrungen erlebt und die Aufgabe nebulös bleibt, ist es bei der Parabel Vor dem Gesetz klar was der Mann vom Land zu tun hätte: Er müsste sich einfach auf dem Weg zum Gesetz machen, egal welche Hemmnisse dem entgegen stehen. Dieser Teil vom ansonsten eher düsteren Proceß hat eine durchaus positive Botschaft - hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner, so kann man das zusammenfassend sagen.


Analog zum Modell von Freud können wir uns die Torhüter Legende auch nach der besprochenen Dreiteilung anschauen.
Das Ich des Mannes ist geschwächt, er ist unfähig sich selbst, seinen Plan, in die Tat umzusetzen und zu verwirklichen. Er hat den Drang, das angeborene Bedürfnis zur Selbstverwirklichung, kann dem jedoch nicht nachgeben. Ihm wird der Eintritt verwährt, er wird eingeschüchtert. Ich Stärke würde dazu führen, dass er den Widerspruch zwischen seinem Willen und der Weigerung des Torhüters erkennt und versucht unbeirrt seinen Weg zu gehen. Er wird jedoch durch seine Ängste ( ES ) und seine anerzogenen Regeln ( den Worten einer Autorität wie des Torhüters ist zu gehorchen,  ÜBER ICH ) am Vordringen gehindert.
Das Über Ich, als Träger des Ideals, als mahnende, als urteilende Instanz lässt den Suchenden nicht gewähren. Es verhindert, dass dieser Mann vom Land einfach die Grenzen überwindet und das Innere des Gesetzes stürmt. 


Fragen zum Text

  1. Warum will der Mann vom Lande ins Gesetz?
  2. Warum darf er nicht eintreten, obwohl der Türhüter sagt, dass es möglich sei?
  3. Warum altert der Mann vom Lande, der Türhüter aber nicht?
  4. Warum ist das Gesetz ein Gebäude?
  5. Warum ist dieser Eingang nur für den Mann vom lande bestimmt?
  6. Warum gibt es weitere Türhüter, die einen immer wieder aufs Neue daran hindern, ins Gesetz eintreten zu dürfen?
  7. Die Schlichtheit der Sprache drückt was aus?
  8. Warum hat der Mann kaum wörtliche Rede?
  9. Warum wird der Torhüter so optisch beschrieben, der Mann nicht?
  10. Welche Moral verbirgt sich in dem Gleichnis?

Vor dem Gesetz

Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der Türhüter sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. »Es ist möglich«, sagt der Türhüter, »jetzt aber nicht.« Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt: »Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen.« Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er, aber als er jetzt den Türhüter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine große Spitznase, den langen, dünnen, schwarzen tatarischen Bart, entschließt er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermüdet den Türhüter durch seine Bitten. Der Türhüter stellt öfters kleine Verhöre mit ihm an, fragt ihn über seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie große Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, daß er ihn noch nicht einlassen könne. Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: »Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben.« Während der vielen Jahre beobachtet der Mann den Türhüter fast ununterbrochen. Er vergißt die andern Türhüter, und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis für den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den unglücklichen Zufall, in den ersten Jahren rücksichtslos und laut, später, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des Türhüters auch die Flöhe in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Flöhe, ihm zu helfen und den Türhüter umzustimmen. Schließlich wird sein Augenlicht schwach, und er weiß nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen täuschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverlöschlich aus der Türe des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Türhüter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden Körper nicht mehr aufrichten kann. Der Türhüter muß sich tief zu ihm hinunterneigen, denn der Größenunterschied hat sich sehr zuungunsten des Mannes verändert. »Was willst du denn jetzt noch wissen?« fragt der Türhüter, »du bist unersättlich. « »Alle streben doch nach dem Gesetz«, sagt der Mann, »wieso kommt es, daß in den vielen Jahren niemand außer mir Einlaß verlangt hat?« Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: »Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn.«


weiterführende Links
http://kafkaderprozess.blogspot.com/2012/09/im-dom.html
 http://uweness.eu/das-gesetz-kafkas.html
 http://privat.oliverkuna.de/deutsch.php?doc=15
 http://www.sosyalarastirmalar.com/cilt3/sayi10pdf/arak_huseyin2.pdf
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 http://www.lars-klein.com/start/philosophie/philosophiefreud.pdf
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Fahrt zur Mutter

zum Hören

 Inhalt

Josef K. möchte zwei Tage Urlaub um zu seiner Mutter zu fahren. Dies ist das einzige Mal,dass er aus eigenem Antrieb die herkömmlichen Schauorte verlässt.
es spielt zwei Wochen vor dem 31. Geburtstag

Originaltext

Plötzlich beim Mittagessen fiel ihm ein er solle seine Mutter besuchen. Nun war schon das Frühjahr fast zu Ende und damit das dritte Jahr seitdem er sie nicht gesehen hatte. Sie hatte ihn damals gebeten an seinem Geburtstag zu ihr zu kommen, er hatte auch trotz mancher Hindernisse dieser Bitte entsprochen und hatte ihr sogar das Versprechen gegeben jeden Geburtstag bei ihr zu verbringen, ein Versprechen, das er nun allerdings schon zweimal nicht gehalten hatte. Dafür wollte er aber jetzt nicht erst bis zu seinem Geburtstag warten, obwohl dieser schon in vierzehn Tagen war, sondern sofort fahren. Er sagte sich zwar, daß kein besonderer Grund vorlag gerade jetzt zu fahren, im Gegenteil, die Nachrichten, die er regelmäßig alle zwei Monate von einem Vetter erhielt, der in jenem Städtchen ein Kaufmannsgeschäft besaß und das Geld, welches K. für seine Mutter schickte, verwaltete, waren beruhigender als jemals früher. Das Augenlicht der Mutter war zwar am Erlöschen, aber das hatte K. nach den Aussagen der Ärzte schon seit Jahren erwartet, dagegen war ihr sonstiges Befinden ein besseres geworden, verschiedene Beschwerden des Alters waren statt stärker zu werden zurückgegangen, wenigstens klagte sie weniger. Nach der Meinung des Vetters hieng dies vielleicht damit zusammen, daß sie seit den letzten Jahren – K. hatte schon bei seinem Besuch leichte Anzeichen dessen fast mit Widerwillen bemerkt – unmäßig fromm geworden war. Der Vetter hatte in einem Brief sehr anschaulich geschildert, wie die alte Frau, die sich früher nur mühselig fortgeschleppt hatte, jetzt an seinem Arm recht gut ausschritt, wenn er sie Sonntags zur Kirche führte. Und dem Vetter durfte K. glauben, denn er war gewöhnlich ängstlich und übertrieb in seinen Berichten eher das Schlechte als das Gute.
Aber wie es auch sein mochte, K. hatte sich jetzt entschlossen zu fahren; er hatte neuerdings unter anderem Unerfreulichem eine gewisse Wehleidigkeit an sich festgestellt, ein fast haltloses Bestreben allen seinen Wünschen nachzugeben – nun, in diesem Fall diente diese Untugend wenigstens einem guten Zweck.
Er trat zum Fenster, um seine Gedanken ein wenig zu sammeln, ließ dann gleich das Essen abtragen, schickte den Diener zu Frau Grubach um seine Abreise ihr anzuzeigen und die Handtasche zu holen, in die Frau Grubach einpacken möge was ihr notwendig scheine, gab dann Herrn Kühne einige geschäftliche Aufträge für die Zeit seiner Abwesenheit, ärgerte sich diesmal kaum darüber, daß Herr Kühne in einer Unart die schon zur Gewohnheit geworden war, die Aufträge mit seitwärts gewendetem Gesicht entgegennahm, als wisse er ganz genau was er zu tun habe und erdulde diese Auftragerteilung nur als Ceremonie, und gieng schließlich zum Direktor. Als er diesen um einen zweitägigen Urlaub ersuchte, da er zu seiner Mutter fahren müsse, fragte der Direktor natürlich, ob K.’s Mutter etwa krank sei. "Nein", sagte K. ohne weitere Erklärung. Er stand in der Mitte des Zimmers, die Hände hinten verschränkt. Mit zusammengezogener Stirn dachte er nach. Hatte er vielleicht die Vorbereitungen zur Abreise übereilt? War es nicht besser hierzubleiben? Was wollte er dort? Wollte er etwa aus Rührseligkeit hinfahren? Und aus Rührseligkeit hier möglicherweise etwas Wichtiges versäumen, eine Gelegenheit zum Eingriff, die sich doch jetzt jeden Tag jede Stunde ergeben konnte, nachdem der Proceß nun schon wochenlang scheinbar geruht hatte und kaum eine bestimmte Nachricht an ihn gedrungen war? Und würde er überdies die alte Frau nicht erschrecken, was er natürlich nicht beabsichtigte, was aber gegen seinen Willen sehr leicht geschehen konnte, da jetzt vieles gegen seinen Willen geschah. Und die Mutter verlangte gar nicht nach ihm. Früher hatten sich in den Briefen des Vetters die dringenden Einladungen der Mutter regelmäßig wiederholt, jetzt schon lange nicht. Der Mutter wegen fuhr er also nicht hin, das war klar. Fuhr er aber in irgendeiner Hoffnung seinetwegen hin, dann war er ein vollkommener Narr und würde sich dort in der schließlichen Verzweiflung den Lohn seiner Narrheit holen. Aber als wären alle diese Zweifel nicht seine eigenen, sondern als suchten sie ihm fremde Leute beizubringen, verblieb er, förmlich erwachend, bei seinem Entschluß zu fahren. Der Direktor hatte sich indessen zufällig oder was wahrscheinlicher war aus besonderer Rücksichtnahme gegen K. über eine Zeitung gebeugt, jetzt hob auch er die Augen, reichte aufstehend K. die Hand und wünschte ihm, ohne eine weitere Frage zu stellen, glückliche Reise.
K. wartete dann noch, in seinem Bureau auf und abgehend, auf den Diener, wehrte fast schweigend den Direktor-Stellvertreter ab, der mehrere Male hereinkam um sich nach dem Grund von K.’s Abreise zu erkundigen, und eilte, als er die Handtasche endlich hatte, sofort hinunter zu dem schon vorherbestellten Wagen. Er war schon auf der Treppe, da erschien oben im letzten Augenblicke noch der Beamte Kullych, in der Hand einen angefangenen Brief, zu dem er offenbar von K. eine Weisung erbitten wollte. K. winkte ihm zwar mit der Hand ab, aber begriffsstützig, wie dieser blonde großköpfige Mensch war, mißverstand er das Zeichen und raste das Papier schwenkend in lebensgefährlichen Sprüngen hinter K. her. Dieser war darüber so erbittert, daß er, als ihn Kullych auf der Freitreppe einholte, den Brief ihm aus der Hand nahm und zerriß. Als K. sich dann im Wagen umdrehte, stand Kullych, der seinen Fehler wahrscheinlich noch immer nicht eingesehen hatte, auf dem gleichen Platz und blickte dem davonfahrenden Wagen nach, während der Portier neben ihm tief die Mütze zog. K. war also doch noch einer der obersten Beamten der Bank, wollte er es leugnen, würde ihn der Portier widerlegen. Und die Mutter hielt ihn sogar trotz aller Widerrede für den Direktor der Bank und dies schon seit Jahren. In ihrer Meinung würde er nicht sinken, wie auch sonst sein Ansehen Schaden gelitten hatte. Vielleicht war es ein gutes Zeichen, daß er sich gerade vor der Abfahrt davon überzeugt hatte, daß er noch immer einem Beamten, der sogar mit dem Gericht Verbindungen hatte, einen Brief wegnehmen und ohne jede Entschuldigung zerreißen durfte. Das allerdings was er am liebsten getan hätte, hatte er nicht tun dürfen, Kullych zwei laute Schläge auf seine bleichen runden Wangen zu geben.



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Das Kapitel zum Anhören
http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/hoerspiel-und-medienkunst/franz-kafka-der-process-das-haus100.html


Josef K. bewegt sich auf nach den Ausführungen des Malers ( es muss also nach dem Kapitel Advokat - Fabrikant - Maler einzuordnen sein ) zum Amtssitz des Gerichts. Eine erste Anzeige sei genau hier eingegangen erfährt er. Es folgen tagtraumhafte Darstellungen von Menschen in seltsamen Kostümen.

Der Originaltext

Ohne zunächst eine bestimmte Absicht damit zu verbinden, hatte K. bei verschiedenen Gelegenheiten in Erfahrung zu bringen gesucht, wo das Amt seinen Sitz habe, von welchem aus die erste Anzeige in seiner Sache erfolgt war. Er erfuhr es ohne Schwierigkeiten, sowohl Titorelli als auch Wolfhart nannten ihm auf die erste Frage hin die genaue Nummer des Hauses. Später vervollständigte Titorelli mit einem Lächeln, das er immer für geheime ihm nicht zur Begutachtung vorgelegte Pläne bereit hatte, die Auskunft dadurch, daß er behauptete, gerade dieses Amt habe nicht die geringste Bedeutung, es spreche nur aus, was ihm aufgetragen werde und sei nur das äußerste Organ der großen Anklagebehörde selbst, die allerdings für Parteien unzugänglich sei. Wenn man also etwas von der Anklagebehörde wünsche – es gäbe natürlich immer viele Wünsche, aber es sei nicht immer klug, sie auszusprechen – dann müsse man sich allerdings an das genannte untergeordnete Amt wenden, doch werde man dadurch weder selbst zur eigentlichen Anklagebehörde dringen, noch seinen Wunsch jemals dorthin leiten.
K. kannte schon das Wesen des Malers, er widersprach deshalb nicht, erkundigte sich auch nicht weiter sondern nickte nur und nahm das Gesagte zur Kenntnis. Wieder schien ihm wie schon öfters in der letzten Zeit, daß Titorelli soweit es auf Quälerei ankam, den Advokaten reichlich ersetzte. Der Unterschied bestand nur darin, daß K. Titorelli nicht so preisgegeben war und ihn, wann es ihm beliebte, ohne Umstände hätte abschütteln können, daß ferner Titorelli überaus mitteilsam, ja geschwätzig war wenn auch früher mehr als jetzt und daß schließlich K. sehr wohl auch seinerseits Titorelli quälen konnte.
Und das tat er auch in dieser Sache, sprach öfters von jenem Haus in einem Ton, als verschweige er Titorelli etwas, als habe er Beziehungen mit jenem Amte angeknüpft, als seien sie aber noch nicht so weit gediehn, um ohne Gefahr bekannt gemacht werden zu können, suchte ihn dann aber Titorelli zu nähern Angaben zu drängen, lenkte K. plötzlich ab und sprach lange nicht mehr davon. Er hatte Freude von solchen kleinen Erfolgen, er glaubte dann, nun verstehe er schon viel besser diese Leute aus der Umgebung des Gerichts, nun könne er schon mit ihnen spielen, rücke fast selbst unter sie ein, bekomme wenigstens für Augenblicke die bessere Übersicht, welche ihnen gewissermaßen die erste Stufe des Gerichtes ermöglichte, auf der sie standen. Was machte es, wenn er seine Stellung hier unten doch endlich verlieren sollte? Dort war auch dann noch eine Möglichkeit der Rettung, er mußte nur in die Reihen dieser Leute schlüpfen, hatten sie ihm infolge ihrer Niedrigkeit oder aus andern Gründen in seinem Processe nicht helfen können, so konnten sie ihn doch aufnehmen und verstecken, ja sie konnten sich, wenn er alles genügend überlegt und geheim ausführte, gar nicht dagegen wehren, ihm auf diese Weise zu dienen, besonders Titorelli nicht, dessen naher Bekannter und Wohltäter er doch jetzt geworden war.
Von solchen und ähnlichen Hoffnungen nährte sich K. nicht etwa täglich, im allgemeinen unterschied er noch genau und hütete sich irgendeine Schwierigkeit zu übersehn oder zu überspringen, aber manchmal – meistens waren es Zustände vollständiger Erschöpfung am Abend nach der Arbeit – nahm er Trost aus den geringsten und überdies vieldeutigsten Vorfällen des Tages. Gewöhnlich lag er dann auf dem Kanapee seines Bureaus – er konnte sein Bureau nicht mehr verlassen, ohne eine Stunde lang auf dem Kanapee sich zu erholen – und fügte in Gedanken Beobachtung an Beobachtung. Er beschränkte sich nicht peinlich auf die Leute, welche mit dem Gericht zusammenhingen, hier im Halbschlaf mischten sich alle, er vergaß dann an die große Arbeit des Gerichtes, ihm war als sei er der einzige Angeklagte und alle andern giengen durcheinander wie Beamte und Juristen auf den Gängen eines Gerichtsgebäudes, noch die stumpfsinnigsten hatten das Kinn zur Brust gesenkt, die Lippen aufgestülpt und den starren Blick verantwortungsvollen Nachdenkens. Immer traten dann als geschlossene Gruppe die Mieter der Frau Grubach auf, sie standen beisammen Kopf an Kopf mit offenen Mäulern wie ein anklagender Chor. Es waren viele Unbekannte unter ihnen, denn K. kümmerte sich schon seit langem um die Angelegenheiten der Pension nicht im Geringsten. Infolge der vielen Unbekannten machte es ihm aber Unbehagen sich näher mit der Gruppe abzugeben, was er aber manchmal tun mußte, wenn er dort Fräulein Bürstner suchte. Er überflog z. B. die Gruppe und plötzlich glänzten ihm zwei gänzlich fremde Augen entgegen und hielten ihn auf. Er fand dann Fräulein Bürstner nicht, aber als er dann, um jeden Irrtum zu vermeiden nochmals suchte, fand er sie gerade in der Mitte der Gruppe, die Arme um zwei Herren gelegt, die ihr zur Seite standen. Es machte unendlich wenig Eindruck auf ihn, besonders deshalb da dieser Anblick nichts neues war, sondern nur die unauslöschliche Erinnerung an eine Photographie vom Badestrand, die er einmal in Fräulein Bürstners Zimmer gesehen hatte. Immerhin trieb dieser Anblick K. von der Gruppe weg und wenn er auch noch öfters hierher zurückkehrte so durcheilte er nun mit langen Schritten das Gerichtsgebäude kreuz und quer. Er kannte sich immer sehr gut in allen Räumen aus, verlorene Gänge, die er nie gesehen haben konnte, erschienen ihm vertraut, als wären sie seine Wohnung seit jeher, Einzelheiten drückten sich ihm mit schmerzlichster Deutlichkeit immer wieder ins Hirn, ein Ausländer z. B. spazierte in einem Vorsaal, er war gekleidet ähnlich einem Stierfechter, die Taille war eingeschnitten wie mit Messern, sein ganz kurzes ihn steif umgebendes Röckchen bestand aus gelblichen grobfädigen Spitzen und dieser Mann ließ sich, ohne sein Spazierengehn einen Augenblick einzustellen, unaufhörlich von K. bestaunen. Gebückt umschlich ihn K. und staunte ihn mit angestrengt aufgerissenen Augen an. Er kannte alle Zeichnungen der Spitzen, alle fehlerhaften Fransen, alle Schwingungen des Röckchens und hatte sich doch nicht sattgesehn. Oder vielmehr er hatte sich schon längst sattgesehn oder noch richtiger er hatte es niemals ansehen wollen aber es ließ ihn nicht. "Was für Maskeraden bietet das Ausland!" dachte er und riß die Augen noch stärker auf. Und im Gefolge dieses Mannes blieb er bis er sich auf dem Kanapee herumwarf und das Gesicht ins Leder drückte.


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Kampf mit dem Direktor Stellvertreter

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Das Kapitel ist ein witziges - komisches Kapitel.K will seinen ungeliebten Konkurrenten mittels einer brillianten Geschäftsidee besiegen.


Originaltext

Kampf mit dem Direktor-Stellvertreter

Eines Morgens fühlte sich K. viel frischer und widerstandsfähiger als sonst. An das Gericht dachte er kaum; wenn es ihm aber einfiel, schien es ihm als könne diese ganz unübersichtlich große Organisation an irgend einer allerdings verborgenen im Dunkel erst zu ertastenden Handhabe leicht gefaßt, ausgerissen und zerschlagen werden. Sein außergewöhnlicher Zustand verlockte K. sogar den Direktor-Stellvertreter einzuladen in sein Bureau zu kommen und eine geschäftliche Angelegenheit, die schon seit einiger Zeit drängte, gemeinsam zu besprechen. Immer bei solchem Anlaß tat der Direktor-Stellvertreter so, als hätte sich sein Verhältnis zu K. in den letzten Monaten nicht im Geringsten geändert. Ruhig kam er wie in den frühern Zeiten des ständigen Wettbewerbes mit K., ruhig hörte er K.’s Ausführungen an, zeigte durch kleine vertrauliche ja kameradschaftliche Bemerkungen seine Teilnahme und verwirrte K. nur dadurch, worin man aber keine Absicht sehen mußte, daß er sich durch nichts von der geschäftlichen Hauptsache ablenken ließ, förmlich bis in den Grund seines Wesens aufnahmsbereit für diese Sache war, während K.’s Gedanken vor diesem Muster von Pflichterfüllung sofort nach allen Seiten zu schwärmen anfiengen und ihn zwangen, die Sache selbst fast ohne Widerstand dem Direktor-Stellvertreter zu überlassen. Einmal war es so schlimm, daß K. schließlich nur bemerkte, wie der Direktor-Stellvertreter plötzlich aufstand und stumm in sein Bureau zurückkehrte. K. wußte nicht was geschehen war, es war möglich daß die Besprechung regelrecht abgeschlossen war, ebensomöglich aber war es, daß sie der Direktor-Stellvertreter abgebrochen hatte, weil ihn K. unwissentlich gekränkt oder weil er Unsinn gesprochen hatte oder weil es dem Direktor-Stellvertreter unzweifelhaft geworden war, daß K. nicht zuhörte und mit andern Dingen beschäftigt war. Es war aber sogar möglich, daß K. eine lächerliche Entscheidung getroffen oder daß der Direktor-Stellvertreter sie ihm entlockt hatte und daß er sich jetzt beeilte sie zum Schaden K.’s zu verwirklichen. Man kam übrigens auf diese Angelegenheit nicht mehr zurück, K. wollte nicht an sie erinnern und der Direktor-Stellvertreter blieb verschlossen; es ergaben sich allerdings vorläufig auch weiterhin keine sichtbaren Folgen. Jedenfalls war aber K. durch den Vorfall nicht abgeschreckt worden, wenn sich nur eine passende Gelegenheit ergab und er nur ein wenig bei Kräften war, stand er schon bei der Tür des Direktor-Stellvertreters um zu ihm zu gehn oder ihn zu sich einzuladen. Es war keine Zeit mehr sich vor ihm zu verstecken, wie er es früher getan hatte. Er hoffte nicht mehr auf einen baldigen entscheidenden Erfolg, der ihn mit einem Mal von allen Sorgen befreien und von selbst das alte Verhältnis zum Direktor-Stellvertreter herstellen würde. K. sah ein, daß er nicht ablassen dürfe, wich er zurück, so wie es vielleicht die Tatsachen forderten, dann bestand die Gefahr, daß er möglicherweise niemals mehr vorwärts kam. Der Direktor-Stellvertreter durfte nicht im Glauben gelassen werden, daß K. abgetan sei, er durfte mit diesem Glauben nicht ruhig in seinem Bureau sitzen, er mußte beunruhigt werden, er mußte so oft als möglich erfahren daß K. lebte und daß er wie alles was lebte, eines Tages mit neuen Fähigkeiten überraschen konnte, so ungefährlich er auch heute schien. Manchmal sagte sich zwar K., daß er mit dieser Methode um nichts anderes als um seine Ehre kämpfe, denn Nutzen konnte es ihm eigentlich nicht bringen, wenn er sich in seiner Schwäche immer wieder dem Direktor-Stellvertreter entgegenstellte, sein Machtgefühl stärkte und ihm die Möglichkeit gab Beobachtungen zu machen und seine Maßnahmen genau nach den augenblicklichen Verhältnissen zu treffen. Aber K. hätte sein Verhalten gar nicht ändern können, er unterlag Selbsttäuschungen, er glaubte manchmal mit Bestimmtheit er dürfe sich gerade jetzt unbesorgt mit dem Direktor-Stellvertreter messen, die unglückseligsten Erfahrungen belehrten ihn nicht, was ihm bei zehn Versuchen nicht gelungen war, glaubte er mit dem elften durchsetzen zu können trotzdem alles immer ganz einförmig zu seinen Ungunsten abgelaufen war. Wenn er nach einer solchen Zusammenkunft erschöpft, in Schweiß, mit leerem Kopf zurückblieb, wußte er nicht, ob es Hoffnung oder Verzweiflung gewesen war, die ihn an den Direktor-Stellvertreter gedrängt hatte, ein nächstes Mal war es aber wieder vollständig eindeutig nur Hoffnung, mit der er zu der Türe des Direktor-Stellvertreters eilte.
So war es auch heute. Der Direktor-Stellvertreter trat gleich ein, blieb dann nahe bei der Tür stehn, putzte einer neu angenommenen Gewohnheit gemäß seinen Zwicker und sah zuerst K. und dann, um sich nicht allzu auffallend mit K. zu beschäftigen, auch das ganze Zimmer genauer an. Es war als benütze er die Gelegenheit, um die Sehkraft seiner Augen zu prüfen. K. widerstand den Blicken, lächelte sogar ein wenig und lud den Direktor-Stellvertreter ein sich zu setzen. Er selbst warf sich in seinen Lehnstuhl, rückte ihn möglichst nahe zum Direktor-Stellvertreter, nahm gleich die nötigen Papiere vom Tisch und begann seinen Bericht. Der Direktor-Stellvertreter schien zunächst kaum zuzuhören. Die Platte von K.’s Schreibtisch war von einer niedrigen geschnitzten Balustrade umgeben. Der ganze Schreibtisch war vorzügliche Arbeit und auch die Balustrade saß fest im Holz. Aber der Direktor-Stellvertreter tat, als habe er gerade jetzt dort eine Lockerung bemerkt, und versuchte den Fehler dadurch zu beseitigen, daß er mit dem Zeigefinger auf die Balustrade loshieb. K. wollte daraufhin seinen Bericht unterbrechen, was aber der Direktor-Stellvertreter nicht duldete, da er wie er erklärte, alles genau höre und auffasse. Während ihm aber vorläufig K. keine sachliche Bemerkung abnötigen konnte, schien die Balustrade besondere Maßregeln zu verlangen, denn der Direktor-Stellvertreter zog jetzt sein Taschenmesser hervor, nahm als Gegenhebel K.’s Lineal und versuchte die Balustrade hochzuheben, wahrscheinlich um sie dann leichter desto tiefer einstoßen zu können. K. hatte in seinen Bericht einen ganz neuartigen Vorschlag aufgenommen, von dem er sich eine besondere Wirkung auf den Direktor-Stellvertreter versprach und als er jetzt zu diesem Vorschlag gelangte, konnte er gar nicht innehalten, so sehr nahm ihn die eigene Arbeit gefangen oder vielmehr so sehr freute er sich an dem immer seltener werdenden Bewußtsein, daß er hier in der Bank noch etwas zu bedeuten habe und daß seine Gedanken die Kraft hatten, ihn zu rechtfertigen. Vielleicht war sogar diese Art sich zu verteidigen nicht nur in der Bank sondern auch im Proceß die beste, viel besser vielleicht als jede andere Verteidigung, die er schon versucht hatte oder plante. In der Eile seiner Rede hatte K. gar nicht Zeit, den Direktor-Stellvertreter ausdrücklich von seiner Arbeit an der Balustrade abzuziehn, nur zwei oder dreimal strich er während des Vorlesens mit der freien Hand wie beruhigend über die Balustrade hin, um damit, fast ohne es selbst genau zu wissen, dem Direktor-Stellvertreter zu zeigen, daß die Balustrade keinen Fehler habe und daß selbst wenn sich einer vorfinden sollte, augenblicklich das Zuhören wichtiger und auch anständiger sei als alle Verbesserungen. Aber den Direktor-Stellvertreter hatte, wie dies bei lebhaften nur geistig tätigen Menschen oft geschieht, diese handwerksmäßige Arbeit in Eifer gebracht, ein Stück der Balustrade war nun wirklich hochgezogen und es handelte sich jetzt darum die Säulchen wieder in die zugehörigen Löcher hineinzubringen. Das war schwieriger als alles bisherige. Der Direktor-Stellvertreter mußte aufstehn und mit beiden Händen versuchen die Balustrade in die Platte zu drücken. Es wollte aber trotz alles Kraftverbrauches nicht gelingen. K. hatte während des Vorlesens – das er übrigens viel mit freier Rede untermischte – nur undeutlich wahrgenommen, daß der Direktor-Stellvertreter sich erhoben hatte. Trotzdem er die Nebenbeschäftigung des Direktor-Stellvertreters kaum jemals ganz aus den Augen verlor, hatte er doch angenommen, daß die Bewegung des Direktor-Stellvertreters doch auch mit seinem Vortrag irgendwie zusammenhieng, auch er stand also auf und den Finger unter eine Zahl gedrückt reichte er dem Direktor-Stellvertreter ein Papier entgegen. Der Direktor-Stellvertreter aber hatte inzwischen eingesehn, daß der Druck der Hände nicht genügte, und so setzte er sich kurz entschlossen mit seinem ganzen Gewicht auf die Balustrade. Jetzt glückte es allerdings, die Säulchen fuhren knirschend in die Löcher, aber ein Säulchen knickte in der Eile ein und an einer Stelle brach die zarte obere Leiste entzwei. "Schlechtes Holz", sagte der Direktor-Stellvertreter ärgerlich, ließ vom Schreibtisch ab und setzte


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